Auf dem Rote-Socken-Weg durch Stuttgarts südliche Halbhöhenlagen

13. Mai 2023 – Silvia

Unsere Tour startete mit 18 Personen (davon zwei Gäste) im Stuttgarter Süden, am Marienplatz. Beeindruckend waren die in voller Blüte stehenden Kastanienbäume und auch die gute Stimmung auf dem Platz: an der Haltestelle „Zacke“ wurde die neue Zahnradbahn „Weinsteige“ im Rahmen eines kleinen Festes eingeweiht. Mit einem Blumenkranz verziert, startete die erneuerte Schmalspurbahn nach Degerloch am heutigen Tag ihren Dienst und wird Fußgängern und Radfahrern Erleichterung bei einem von Stuttgart’s steilen Hügeln bringen. Wir aber legten die insgesamt 185 Höhenmeter zu Fuß zurück. Zuvor erhielten wir von unserem Stadtführer Herbert Medek einen Überblick in die Geschichte des Marienplatzes, der nach Marie von Waldeck-Pyrmont (Verlobte des späteren König Wilhelm II) benannt wurde.
Wer weiß schon, dass es im 1911 erstellten Kaiserbau früher ein sogenanntes Automatenrestaurant gab? Neben dem „Schlafzimmer“ der Zacke befindet sich im alten Bahnhof das Theater Rampe. Wir durchquerten das Lehenviertel, in der Liststraße lernten wir, dass der Wirtschaftswissenschaftler Friedrich List 1819 den Vorläufer des deutschen Zollvereins gründete, der sich für die Abschaffung der Binnenzölle einsetzte. Oben angekommen, hatten wir einen guten Blick auf die Neue Weinsteige. Nebenbei erfuhren wir wissenswertes über den Stuttgarter Weinbau, z.B. dass der Anbau von Trollinger zurückgeht und zunehmend (pilzresistente) Weißweine angebaut werden. Wir erblickten auf der anderen Seite die Karlshöhe und hörten auch, dass es im Stuttgarter Westen in den Zeiten der Industrialisierung viele Fabrikschlote gab. Gustav von Siegle baute dort u.a. eine Fabrik für Anilinfarben.
Durch den wenig bekannten Wernhaldenpark spazierten wir entlang von Mammutbäumen Richtung Degerloch zum Santiago de Chile-Platz, auch hier hatten wir wieder eine atemberaubende Aussicht auf den Stuttgarter Kessel. Erfuhren von der Teilung Württembergs und wanderten weiter zum Bopserwald.

Dort entdeckten wir eine zugewachsene Treppe, Herr Medek klärte uns auf, dass es hier mal eine Schlittenbahn gab. Beim nächsten Aussichtspunkt, der Schillereiche, wurde an den großen Dichter Friedrich Schiller, der „Die Räuber“ verfasst hat, erinnert. Weiter ging’s zum Teehaus im Weißenburgpark, 1913 errichtet vom Fabrikanten Ludwig Sieglin (ein erfolgreicher Fabrikant für Seifenpulver). Das Teehaus war ein Geschenk an seine Frau, die dort Freundinnen zum Teekränzchen einladen konnte. Die Töchter bekamen einen Tennisplatz, im darunter liegenden Marmorsaal fanden die Herrenabende von Herrn Sieglin statt. Zurück ging es über die Alexander- und Mozartstraße, dort konnten wir die sprechende Architektur des Jugendstils bewundern. Ein kleiner Rundgang über den Fangelsbachfriedhof, auf dem einige bekannte Persönlichkeiten ihre letzte Ruhe gefunden haben, rundeten unsere interessante und kurzweilige Wanderung mit Herrn Medek ab.
Der Abschluss im Dinkelacker-Brauhaus war ebenfalls sehr gelungen, neben guten Speisen, vielen Biersorten, konnten wir auch interessante Biermix-Getränke genießen.